In der flachen Messstelle SEM4/2 bei Neugraben Fischbek ist nach einem Anstieg im nassen November ein deutlicher Abfall der Grundwasserstände zu beobachten.
Wenn es nicht verdunstet, abfließt oder für die Vegetation gebraucht wird, sickert Regenwasser den langen Weg durch verschiedene Boden- und Gesteinsschichten, bis es mit dem Erreichen der Grundwasseroberfläche zu Grundwasser wird. Maßgeblich dafür ist das hydrologische Winterhalbjahr, die Zeit zwischen November und April, das in diesem Jahr mit rund 292 Millimeter Niederschlag auf dem Hamburger Stadtgebiet etwa 20 Prozent trockener ausgefallen ist als der hydrologische Winter im Mittel der Referenzperiode von 1991 bis 2020 (351 Millimeter).
Die drei Ganglinien (unten) geben die Entwicklung der Grundwasserstände über die Zeit wieder und dienten uns bereits in den vergangenen Ausgaben des HAMBURG WASSERreport als Referenzmessstellen. Die sogenannten Grundwasserleiter, das sind Gesteinskörper mit fließendem Grundwasser, funktionieren anders als die heimische Regentonne: Sie sind hydraulisch komplexe Systeme mit lokalen und regionalen Unterschieden. Die Grundwasserstände in diesen Leitern unterliegen natürlichen Schwankungen, die im Jahresverlauf erheblich sein können, und reagieren unterschiedlich schnell auf Witterungseinflüsse. Generell gilt: Je tiefer ein Grundwasserleiter im Untergrund liegt, desto länger ist üblicherweise die Reaktionszeit auf Regengeschehen oder längere Trockenphasen. Das trockene Frühjahr macht sich deshalb unterschiedlich im Grundwasser bemerkbar.
In der flachen Messstelle SEM4/2 bei Neugraben Fischbek ist nach einem Anstieg im nassen November ein deutlicher Abfall der Grundwasserstände zu beobachten.
Im mitteltiefen Grundwasser (Messstelle N11.2) im Wittmoor nördlich von Hamburg reagiert der Grundwasserstand hingegen mit größerer Verzögerung auf das trockene Frühjahr und erreicht zum Ende des hydrologischen Jahres Werte im unteren Normalbereich.
Noch träger reagiert das Grundwasser im tiefen Grundwasserleiter der Messstelle HL36.1 bei Schneverdingen in der Lüneburger Heide. Dort zeigt sich ab Sommer dieses Jahres eine Stagnation des Aufwärtstrends, wobei der Grundwasserstand aktuell auf dem Niveau des langjährigen Mittels liegt.
Mit Blick auf typische jahreszeitliche Schwankungen und den längeren Zeithorizont zeigt sich an allen Messstellen jedoch, dass die zwei nassen hydrologischen Winter der Jahre 2023 und 2024 erheblich zur Erholung der Grundwasserleiter nach den trockenen Jahren 2018 bis 2022 beigetragen haben.
Für die Zukunft ist nicht davon auszugehen, dass trockene Winterhalbjahre zur Regel werden. Im Gegenteil: Ein Blick auf die vergangenen 150 Jahre zeigt, dass Winterniederschläge signifikant zunehmen. Mit dem voranschreitenden Klimawandel wird von weiter steigenden Winterniederschlägen ausgegangen. Das zeigen die Klimaprojektionen in den gängigen Klimamodellen, die für die Bewertung der künftigen klimatischen Verhältnisse herangezogen werden.