Extreme nasse und trockene Phasen, wie sie auch in diesem Jahr deutlich geworden sind, stellen uns als Trinkwasserversorger und Abwasserentsorger vor Herausforderungen: Regenwasser muss auch im Starkregenfall bestmöglich abgeleitet werden, Trinkwasser muss auch in Trockenphasen ausreichend verfügbar sein. Wir müssen dafür zum einen die Kapazitäten im Sielnetz anpassen und zum anderen auch unseren Beitrag dazu leisten, dass die Stadt den Regen wie ein Schwamm aufnehmen kann.
Was die Kapazität der Siele betrifft, ist Hamburg bereits gut aufgestellt. Während Regenwasser bei Starkregenereignissen noch in den 1990er Jahren sehr häufig über sogenannte Notüberläufe zusammen mit Abwasser in Elbe, Alster, Isebek und Bille geleitet wurde, damit es nicht durch den Gully in die Straße zurückläuft, passiert das heute deutlich seltener.
Entlastung bei Starkregen
Zwischen 1990 und 2020 haben wir etwa 700 Millionen Euro investiert. Sammler, Speicher- und Transportsiele wurden erweitert. Diese tiefliegenden großen Rohre entlasten das normale Sielnetz bei starken Regenereignissen. Ein Extra-Volumen von 215.200 Kubikmetern wurde geschaffen, das Fassungsvermögen von rund 86 Schwimmbecken. Dort wird das Regenwasser zwischengespeichert, bis es reguliert nach und nach zum Klärwerk geleitet werden kann.
Bis 2030 müssen zudem etwa rund 250 Kilometer großer, gemauerter Stammsiele unter der Innenstadt saniert werden. Mit der Sanierung des Kuhmühlenstammsiels ist dieses umfangreiche Programm zum Erhalt Hamburgs „alter Riesen“ im Oktober gestartet. Um die Sanierung zu ermöglichen, wurden zuvor große Transportsiele gebaut, die während der Sanierung als Ersatzkanäle dienen. Der Parallelbetrieb wird in Zukunft weitere Entlastung bringen: 9.000 Kubikmeter zusätzliches Fassungsvermögen – so viel, wie in 30.000 handelsübliche Regentonnen passt.
Entwicklung zur Schwammstadt
Starkregenereignisse kommen vor allem im Sommerhalbjahr vor. Das liegt daran, dass warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann und bei Regen dann potenziell auch größere Wassermengen runterkommen. Mit den im Klimawandel weiter steigenden Temperaturen rechnen Meteorologen auch damit, dass es in Zukunft noch häufigere und auch intensivere Starkregenereignisse geben wird.
Wie häufig und wie intensiv Starkregen niederprasseln, ist eine Sache. Eine andere ist, wie die Wassermassen von Straßen und Quartieren bestmöglich aufgenommen werden, ohne Schäden zu verursachen. Dabei helfen uns Prinzipien der Schwammstadt, die durch HAMBURG WASSER und die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) in der Initiative RISA (RegenInfraStrukturAnpassung) vorangetrieben werden.
Im Idealfall soll der Regen dort versickern und verdunsten, wo er gefallen ist. Falls das nicht kurzfristig möglich ist, wird Regenwasser zwischengespeichert. Die Stadt der Zukunft soll das Wasser aufnehmen und abgeben wie ein Schwamm. Dabei können Straßenbäume, entsiegelte Flächen oder Gründächer ebenso helfen wie Versickerungsmulden, Parkanlagen oder multifunktionale Räume wie das Hein-Klink-Stadion, das im Starkregenfall Platz für Wassermassen bietet.
Unsere Infrastruktur muss sich allerdings nicht nur auf Regen einstellen. Wenn das Thermometer wie Anfang Juli über die Marke von 30 °C klettert, fahren die 17 Wasserwerke, die Hamburg mit frischem Trinkwasser versorgen, auf Volllast. 417.797 Kubikmeter Trinkwasser rauschten am 1. Juli 2025 durch unsere rund 5.500 Kilometer Trinkwasserleitungen. Mit Blick auf eine maximale Versorgungsleistung von 460.000 Kubikmetern ist dabei kein Grund zur Sorge gegeben, zumal es im Sommer 2025 keine längeren Trockenphase gab. Neben dem 1. Juli wurde die Spitzenabgabe mit über 400.000 Kubikmetern Trinkwasser nur noch am 2. Juli erreicht, danach regnete es wieder und die Luft kühlte sich ab.
Ausbau der Spitzenabgaben
Sollte eine längere trockene Phase, wie wir sie in diesem Frühjahr erlebt haben, allerdings in die Sommermonate fallen, kann sich die Situation verschärfen.
Mit Blick auf die wachsende Stadt und längere Trockenperioden hat HAMBURG WASSER ein klares Ziel vorgegeben: Bis 2030 steigern wir unsere Spitzenabgabe von aktuell 460.000 auf 500.000 Kubikmeter – mit Sanierungen im Wasserwerk Stellingen, Erweiterungen unseres Wasserwerks Curslack und einem Neubau am Wasserwerksstandort Langenhorn.
Wie viel Wasser die Stadt bis zum Jahr 2050 brauchen wird, darüber gibt die aktuelle Wasserbedarfsprognose Aufschluss. Eingerechnet sind nicht nur die Entwicklungen des Klimas, sondern unter anderem Kennzahlen wie Bevölkerungswachstum, Veränderung der Bedarfe von Privathaushalten, Gewerbe und Industrie und die städtebauliche Entwicklung.
Als Trinkwasserversorger haben wir beim Städtebau auch die Versorgung des Stadtgrüns mit Wasser im Blick: Denn wenn wir Menschen schwitzen, ist auch die grüne Infrastruktur auf Wasser angewiesen. Im Hochsommer konzentrieren sich die Spitzenverbräuche auf wenige Tage.
Abhilfe schaffen können innovative Herangehensweisen der städtischen Wasserwirtschaft – wie sie zum Beispiel in unserem Reallabor in der Jenfelder Au erprobt werden. In dem Hamburger Quartier an der Jenfelder Au wird neben dem Schwarzwasser aus der Toilette weniger verschmutztes Grauwasser aus Spüle, Dusche und Co. getrennt gesammelt. Das Grauwasser wird mittlerweile nach einer Grauwasserreinigung in einem benachbarten Gewerbepark für die Toilettenspülung eingesetzt. Verfügbare Überschüsse können im Sommer ebenso wie gesammeltes Regenwasser für die Bewässerung vor Ort genutzt werden.
Auch der verantwortungsbewusste Gebrauch von Trinkwasser in Haushalten spielt eine Rolle. Hamburg steht im Bundesvergleich gut da: 2024 lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei 107 Litern. Zum Vergleich: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) schätzt den Durchschnittsverbrauch im Jahr 2024 bundesweit auf 122 Liter.
Grundwasserschatz in Norddeutschland
In der Trinkwasserproduktion greifen wir im Sommer auf eine Ressource zurück, die sich im Winter neubildet. Das Prinzip der Grundwasserneubildung ist dabei ganz simpel: Regenwasser sickert – soweit es nicht oberflächlich abfließen, verdunsten oder vom Wurzelwerk aufgesogen werden kann – in den Boden. Danach durchläuft es verschiedene Boden- und Gesteinsschichten, ehe es die unterirdischen Grundwasserleiter auffüllt.
Wie groß der Schatz unter Hamburg und der Region ist, lässt sich erst mit einem Blick auf eine Typologie der Grundwasserleiter in Deutschland so richtig begreifen: Die großen Porengrundwasserleiter, die auf der hydrogeologischen Karte von Deutschland eingezeichnet sind, ziehen sich wie ein blaues Band durch Norddeutschland in den Osten. Die Farbe ist dabei bedeutsam: Im Hamburger
Raum gibt es ausgedehnte und besonders ergiebige Grundwasservorkommen.
Der für die Wasserförderung günstige Hamburger Untergrund ist in 20 Millionen Jahren Erdgeschichte entstanden: Bis in mehrere hundert Meter Tiefe wechseln sich Sand- und Kiesschichten mehrfach mit Ton-, Schluff- und Lehmschichten ab. Etwa zwei Drittel der Hamburger Trinkwasserversorgung beruht auf der Grundwasserförderung aus 100 bis 400 Meter tiefen Grundwasservorkommen, ein weiteres Drittel kommt aus flacheren Grundwasserleitern.
Klimaprojektionen zeigen: Es wird nasser
Gute hydrogeologische Bedingungen sind eine notwendige Voraussetzung für ein reiches Dargebot an Grundwasser. Damit die unterirdischen Speicher immer wieder gut gefüllt werden, muss das kostbare Nass immer wieder neu gebildet werden – und dabei spielt das Wetter neben der Beschaffenheit von Boden und Untergrund eine große Rolle. Das berühmte Hamburger „Schietwetter“ sorgt nicht bei allen für Freudenstürme, vor allem im Winter. Mit Blick auf unser Grundwasser darf man sich über den vielen Niederschlag der hydrologischen Jahre 2022/23 und 2023/24 aber freuen. Während die Grundwasserstände nach den trockenen Jahren ab 2018 auf unterdurchschnittliche Werte sanken, liegen sie heute wieder auf einem normalen Niveau. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen nehmen die Niederschläge im Winter signifikant zu. In der Zukunft wird sich dieser Effekt nicht umkehren: Klimamodelle projizieren eine weitere Zunahme der Winterniederschläge im norddeutschen Raum.
Wasser kennt keine Landesgrenzen
Dass es so viel in Hamburg regnet, verdanken wir maritimen Einflüssen in unserem Klima: Wassermassen, die über der Nordsee verdunsten, regnen in küstennahen Gebieten ab, zu denen auch Hamburg und sein Umland zählen. Bundesländer wie Sachsen oder Brandenburg sind eher von kontinentalem Klima geprägt.
Aus Brunnen, die bis zu 429 Meter tief reichen, fördern wir die wertvolle Ressource Grundwasser und bereiten es im Verbund von 17 Wasserwerken behutsam auf. So gelangt es als frisches Trinkwasser täglich zu rund 2,2 Millionen Menschen im Versorgungsgebiet. Für die öffentliche Wasserversorgung zählt jedoch nicht das tatsächlich verfügbare Dargebot, sondern das rechtlich gesicherte und nutzbare Wasserdargebot in Hamburg und Teilen von Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Trotz der begrenzten Fläche können wir einen Großteil des Wasserbedarfs innerhalb unserer Landesgrenzen fördern (etwa 63 Prozent). Aus Schleswig-Holstein kommen rund 25 Prozent, aus Niedersachsen rund 12 Prozent. Dass Metropolen und Stadtstaaten außerhalb der eigenen Stadtgrenzen Wasser gewinnen, ist keinesfalls ungewöhnlich. Den konzentriert im Ballungsraum anfallenden Wasserbedarf kann nahezu keine Großstadt Deutschlands mit Ressourcen innerhalb der politischen Grenzen decken.
Vorrang für Trinkwasserversorgung
Ebenso entscheidend ist die Erhaltung unserer Produktionskapazitäten. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die aktuell etwa 480 Brunnen, mit denen wir das Grundwasser fördern. Ihre Lebensdauer ist sehr unterschiedlich und hängt von Faktoren wie Fördermenge oder Wasserbeschaffenheit ab. Sicher ist allerdings, dass Trinkwasserbrunnen nach einer gewissen Zeit ersetzt werden müssen, da sie durch natürliche Alterungsprozesse an Ergiebigkeit verlieren und die Förderleistung sinkt.
Neue Brunnen können jedoch aus baulichen Gründen nicht immer am bisherigen Standort errichtet werden. Deshalb benötigen wir kontinuierlich geeignete Flächen für Neubauten. In einer wachsenden Stadt wird es zunehmend schwieriger, solche Standorte zu finden. Freie Flächen in der Nähe von Wasserwerken mit geeignetem Untergrund sind rar – und stark umkämpft. Ob Wohnungsbau, Infrastruktur oder Landwirtschaft: Das Spektrum der konkurrierenden Interessen ist groß. Die öffentliche Trinkwasserversorgung bedarf hierbei einer bevorzugten Behandlung, die ihrer besonderen Bedeutung für das Leben in Hamburg Rechnung trägt.
Das gilt auch für die Frage der Grundwassernutzung in Trockenphasen, für die zukünftig im Einklang mit der bundes- und landesweiten Gesetzgebung und auf Grundlage der Transparenz Klarheit geschaffen werden muss: Für die Gewinnung von Grundwasser muss eine klare Nutzungspriorisierung entwickelt und festgelegt werden, gegenüber welchen Belangen die öffentliche Wasserversorgung Vorrang eingeräumt bekommt.